Familienfirmen: Stimmung ist besser als die Lage
Studie von Prof. Kolbeck: Eigentümergeführte Unternehmen gehen optimistischer mit der Krise um
Die Familienbetriebe stützten sich auf gut gehütete Reserven und eine enge Partnerschaft mit ihrer Belegschaft. Doch der Wirtschaftswissenschaftler warnt vor einer gefährlichen Unterschätzung der Krise.
Von Hubert Kreke
Emstek/Witten – Die Zeichen stehen auch in den Familienunternehmen auf Sturm. Ihre Umsätze sind eingebrochen, bei einem Viertel der Betriebe sogar um über 30 Prozent. Die erzielten Preise sinken, bei 40 Prozent der Familienbetriebe um mehr als zehn Prozent. Dennoch sind Prof. Dr. Christoph Kolbeck aus Emstek und Prof. Dr. Rudi Wimmer in einer neuen Studie für die Stiftung Familienunternehmen auf überraschend viel Zuversicht gestoßen. Immerhin bewertet ein Viertel der 250 bundesweit
befragten Unternehmen die aktuelle Situation mit sehr gut oder gut. Die „ungebrochene Selbstgewissheit“ der Chefs, so Kolbeck, spiegele sich auch in der vergleichsweise positiven Zukunftserwartung wider. Nur gut ein Viertel schätzt die Entwicklung im nächsten Jahr als bedrohlich oder sehr bedrohlich ein. Die befragten Familienbetriebe, von denen 63 Prozent zur Industrie zählen, können nach Ansicht der Wissenschaftler auf eine starke regionale Verankerung und eine enge Verbundenheit ihrer Belegschaft setzen. Das führe dazu, dass auch schmerzhafte Einschnitte wegen der Krise mitgetragen würden und „oftmals ganz ungewöhnliche Überlebensenergien, die es zur Bewältigung so schwieriger Phasen in aller Regel braucht, mobilisiert werden“, schreiben die Wissenschaftler. Hinzu kommen ein meist deutlich besseres Finanzpolster als bei anderen Unternehmen und eine größere Nähe zum Kunden. So zeigen andere Studien, dass erfolgreiche Familienunternehmen in der Regel fünfmal häufiger Kundenkontakt haben als anonyme Großkonzerne. Das schaffe enge Bindungen, auch in der Krise. Dennoch warnen die Autoren vor einer Unterschätzung der Lage. Wenn im nächsten Frühjahr die Kurzarbeit ausläuft und die Arbeitslosigkeit steigt, könne es zu einem Einbruch der Binnennachfrage kommen. Das werde vor allem den Handel und die Dienstleistungsunternehmen treffen, die bislang noch wie ein „Stabilitätsfaktor“ in der Krise wirken, sagte Kolbeck der MT. Auch die kuschelige Eigenkapitaldecke kann rasch dünn werden. Selbst wenn sich die Umsätze schon im nächsten Jahr deutlich erhöhen sollten, erwartet Kolbeck nur langsam eine Erholung der Preise und der Rendite. Deshalb seien vor allem jene Unternehmen mittelfristig gefährdet, die sowohl Absatzeinbrüche, als auch empfindliche Preissenkungen hinnehmen mussten. Das sind immerhin 43 Prozent der befragten Betriebe. Die Folge: Sind die Reserven aufgebraucht, könne sich die Bankbeziehung „dramatisch verändern“, wenn das Unternehmen in eine finanzielle Schieflage gerät. Ansprechpartner sei dann in der Regel nicht mehr der Kundenbetreuer vor Ort, sondern der „anonyme“ Kreditprüfer aus der Zentrale. Auf solche Entwicklungen müssten sich Unternehmen frühzeitig vorbereiten, fordern die Fachleute. Vorbeugendes Handeln sei in der Krise überlebenswichtig. Die Studie „Wie meistern Familienunternehmen die Wirtschaftskrise?“ ist in Kooperation mit der privaten Universität Witten/Herdecke entstanden und im Internet veröffentlicht:n www.familienunternehmen.de Hintergrund: Arbeit und Geld in der Wirtschaftskrise