Verbunden mit dem Bahnhof war auch eine Schankwirtschaft, die bis heute ihre Türen geöffnet hat.
Am 7. Juni gab es erstmals freie Fahrt von Vechta bis nach Cloppenburg. Das Jubiläum wird am 25. Mai gefeiert, wenn der 11-Uhr-Zug bereit zur Abfahrt ist.
Von Thomas Vorwerk
Emstek. Rund 100 Jahre, nachdem die erste Lok der Kleinbahn von Vechta bis nach Cloppenburg rollte, soll in Emstek noch einmal ein Zug fahren – der 11-Uhr-Zug. Das Jubiläum will die Familie Vorwerk mit ihren Gästen und vielen Freunden am 25. Mai begehen, denn verbunden mit dem Bahnhof war auch die Erlaubnis, eine Schankwirtschaft zu betreiben. Und die gibt es bis heute.
Die Aufnahme links entstand 1961 und zeigt einen gemischten Güterzug mit Personenbeförderung.
Der letzte Zug hingegen ist längst am Horizont verschwunden. Am 30. September 1965 rollte die Bahn noch einmal hinter dem großen Gebäude vorbei. Viele Alteingesessene erinnern sich noch an diesen denkwürdigen Tag und Schulklassen kamen, um zu sehen, wie zahlreiche Gäste zustiegen, um diesen historischen Moment nicht zu verpassen. Die Entscheidung, eine Schienenverbindung zwischen Vechta und Cloppenburg zu errichten, datiert aus dem Sommer 1909. Bis aber die endgültige Genehmigung aus dem Großherzoglichen Oldenburgischen Ministerium vorlag, sollten noch über drei Jahre vergehen, um dann aber mit Druck den Bau voranzutreiben. In dem Bescheid vom 20. Dezember 1912 wurde die Auflage gemacht, die Bahn bis zum 20. Oktober 1914 fertigzustellen.
Dies wurde mehr als pünktlich eingehalten. Am 8. Mai 1914 verließ der erste Zug den Vechtaer Bahnhof in Richtung Cloppenburg. Allerdings rollte die Bahn damals nur bis Schwichteler. Doch schon vier Wochen später, am 7. Juni, war die gesamte Strecke freigegeben.
Die Ländereien, auf denen der Emsteker Bahnhof gebaut wurde, gehörten dem Landwirt Nikolaus Vorwerk, zur Unterscheidung von den anderen Vorwerks in der Gemeinde „Niklausbuur“ genannt. Teil des Geschäfts war, dass Karl Vorwerk (Niklaus Korl) dort eine Anstellung finden sollte. Kost und Logis hatten er und seine Schwestern Josefine, später Wessendorf, und Maria, später Kollhoff, frei, dafür mussten sie sich um das Geschäft kümmern, Züge abfertigen, Fahrkarten verkaufen und das Gelände in Schuss halten. 1925 heiratete Karl Berta Preyers, die fortan mit in der Schankwirtschaft stand, wo die Bahnfahrer in der Wartezeit etwas trinken konnten. Die nahmen entweder im Wartesaal der dritten Klasse, der Gaststätte, Platz, oder in der „Zweiten Klasse“, der heutigen Wohnstube. Der Begriff „Zweite Klasse“ ist auch 50 Jahre nach dem Ende der Bahn in der Familie erhalten geblieben. Mit dem Tod Karl Vorwerks 1972 übernahm sein ältester Sohn Nikolaus offiziell die Geschäfte. Als dieser 2002 verstarb, kam die dritte Generation ans Ruder.
Auch ohne den Zugverkehr hat der Bahnhof die Jahrzehnte überdauert und sich stets eine Stammkundschaft erhalten, die von Mutter Marianne sowie Sohn Karl mit Ehefrau Hedwig Vorwerk regelmäßig bewirtet wird. Über den „normalen“ Betrieb hinaus gibt es Stammtische, die sich dort regelmäßig treffen, Knobelrunden und Kartenspieler, die Skat oder Doppelkopf dreschen und auch das von Büchereileiterin Ulla Moormann initiierte „Lesen am Tresen“ gab es schon an zwei Terminen. In dem Vereinslokal des vierten Schützenzuges wurde erst im vergangenen Herbst erstmals zu einer Whisky-Verköstigung eingeladen.
„Gaststätte Vorwerk“ oder „Bahnhof“? Beides ist sicherlich richtig, doch seit ein paar Jahren ziert ein neues Transparent den Eingang. „Bi’n Baohnhoff“ steht darauf und spiegelt das wider, was seit vielen Jahrzehnten in Emstek gesagt wird: „Ick bin bi’n Baohnhoff“. Und so soll es nach dem Wunsch der Familie Vorwerk auch noch viele Jahre bleiben. Zum Frühschoppen wird das Blasorchester Emstek aufspielen und am Nachmittag überbringt der Gesangverein einen musikalischen Gruß. Der Heimatverein will an diesem Tag eine Hinweistafel enthüllen. Davon gibt es in der Gemeinde bereits 25, die Erklärungen zu besonderen Plätzen und Gebäuden liefern. Der Bahnhof gehört zweifelsohne dazu.
Im Bild das Trio am Tresen: Karl und Hedwig Vorwerk mit Mutter Marianne bewirten die Gäste „Bi’n Baohnhoff“.
Fotos: Harald Kindermann, Thomas Vorwerk